Frisch und energiegeladen

Gerald Forcher (ganz rechts oben) mit sechs der neu gewählten Lidl-BetriebsrätInnen. Bild: wildbild
Gerald Forcher (ganz rechts oben) mit sechs der neu gewählten Lidl-BetriebsrätInnen. Bild: wildbild

Bei Lidl wurde ein Betriebsrat gegründet. Voll Tatendrang geht es nun mit Hilfe der GPA-djp in wichtige Schulungen.

Eine starke Kooperation, ein gelungener Auftritt. Mit der konstituierenden SitzungAnfang Juli ist der Lidl-Betriebsrat nun offiziell in Amt und Würden. Die Initiative dafür kam ursprünglich von der GPA-djp, die mit der Lidl- Geschäftsführung in Kontakt trat und erklärte: „Ihr seid kein unwesentliches Handelsunternehmen in Österreich, habt aber im Vergleich zu Unternehmen wie etwa Spar oder der Rewe-Gruppe keinen Betriebsrat“, berichtet Gerald Forcher, Regionalgeschäftsf

ührer der GPA-djp Salzburg. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Bundesgeschäftsführer Karl Proyer leitete er die Gespräche mit der Geschäftsführung von Lidl. Einfache Frage: „Wie würde das aussehen, wenn wir einen Betriebsrat gründen würden?“ Klare Antwort: Die Geschäftsführung nahm das Angebot wohlwollend zur Kenntnis und meinte, dass sie nichts zu verbergen habe. Die weitere Vorgehensweise wurde mit dem Unternehmen abgesprochen: „Das waren wirklich zielgerichtete Gespräche“, erinnert sich Forcher. Probleme, wie es sie bei Lidl in Deutschland gab – seien es die arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten oder die MitarbeiterInnen-Überwachung –, sind in Österreich nicht bekannt. „Das fand in Österreich nicht statt. Darüber haben wir im Laufe der vergangenen Jahre nichts erfahren“, weiß Forcher. Lidl Österreich ist deutlich bemüht, sich von diesem Schatten der deutschen Skandale abzugrenzen.

Bezahlung über dem KV

So verdienen seit 1. Jänner 2014 die Lidl-MitarbeiterInnen beispielsweise mehr als im Kollektivvertrag vereinbart. Das Einstiegsgehalt wurde erhöht, gezahlt wird auf Industrieniveau. Im Handel werden laut Kollektivvertrag 1.450 Euro gezahlt, ab 1.1.2015 wird das Einstiegsgehalt auf 1.500 Euro erhöht, bei Lidl werden 1.850 Euro bezahlt. Lidl will die Mitarbeiterinnen binden. Denn es ist auch für ein Unternehmen teuer, wenn MitarbeiterInnen nach einer längeren Einschulungsphase so unzufrieden sind, dass sie die Firma wieder verlassen. Mehr Geld und attraktivere Arbeitsbedingungen für die ArbeitnehmerInnen lohnen sich auf Dauer auch für das Unternehmen. Ein erster Schritt für die Errichtung eines Betriebsrates war ein gemeinsam verfasster Brief von Lidl-Österreich-Geschäftsführer Alexander Deopito und GPA-djp-Vorsitzendem Wolfgang Katzian. Das Schreiben informierte die Mitarbeiterinnen über die geplante Betriebsratswahl und lud die Belegschaft herzlich ein, sich für eine Kandidatur zu melden. Das Echo war groß. Gerald Forcher: „Für uns war überraschend, dass sich so viele Leute als Folge des Briefs gemeldet haben.“

Hohes Engagement

Einer von ihnen ist Michael Wörthner. „Ich bin sehr kommunikativ und kenne das Unternehmen auch von mehreren verschiedenen Seiten“, beschreibt er seine Ambitionen. Wörthner ist eigentlich gelernter Tapezierer, musste seinen ursprünglichen Beruf aber aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Inzwischen hat er eine Abendschule absolviert und die Matura nachgeholt. Ende 2007 wurde Wörthner Lidl-Filialleiter und wechselte danach in die Unternehmens-Zentrale. Anfang Juli ist er zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden. Für alle Filialen in ganz Österreich ist eine Betriebsratskörperschaft zuständig, bestehend aus 21 aktiven BetriebsrätInnen und zehn ErsatzbetriebsrätInnen. Drei BetriebsrätInnen sind von ihrem Dienst freigestellt. Gerald Forcher: „Wir sind gut aufgestellt, weil wir so gut wie alle Regionen in Österreich abdecken.“ In diesem Zusammenhang gibt es jedoch eine besondere Herausforderung. Bis dato war noch niemand der Lidl-Belegschaft in einem Betriebsrat tätig. Newcomer als Betriebsräte „Wir sind alle neu. Deshalb wollen wir den Betriebsrat aufbauen und sattelfest machen“, erklärt Doris Migsch, sie ist die stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats. Ihre Tätigkeit bei Lidl startete Migsch 1999 als Kassiererin im 21. Bezirk in Wien, 2008 wurde sie Filialleiterin. „Ich bin schon sehr lange im Unternehmen. Habe viel Auf- und Umbau miterlebt.“ Migsch hat eine Lehre als Schuhverkäuferin hinter sich und war danach einige Jahre bei Hofer tätig. „Von der Arbeit her, ist es bei Lidl ziemlich ähnlich und somit habe ich mir dann leicht getan.“ Mit den Jahren sind die Aufgaben in den Filialen immer umfangreicher geworden. Frisches Gebäck wird nun in den Geschäften gebacken und auch Fleischvitrinen müssen inzwischen betreut werden. Für Migsch war es sehr wichtig, die Unterstützung der GPA-djp zu haben. „Die Zusammenarbeit mit der GPA-djp war ganz toll. Sie ist hinter uns gestanden und hat uns mit E-Mails am Laufenden gehalten. Ich war sehr begeistert, dass unsere Ansprechpartner Mario Ferrari und Alois Bachmeier auf jede Frage eine Antwort wussten.“

Nächster Punkt Schulung

Mit den Basisschulungen im September wird an der Sattelfestigkeit nicht zu rütteln sein. Doris Migsch und ihre KollegInnen vertreten rund 3.900 MitarbeiterInnen. „Ich freue mich extrem auf die Aufgabe und bin voller Tatendrang, wieder etwas Neues zu erleben und zu schaffen“, sagt die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Gemeinsam mit Regionalsekretär Mario Ferrari betreut Alois Bachmeier, er ist stellvertretender Regionalgeschäftsführer der GPA-djp Wien, die Wiener Lidl-BetriebsrätInnen: „Wir haben den Prozess der Betriebsratsgründung mit unterstützt und haben sehr engagierte Kolleginnen gefunden.“ Nun wird darauf geachtet, dass die BetriebsrätInnen das nötige Rüstzeug für ihre Aufgabe erlernen. Bachmeier: „Kennt der Betriebsrat seine Möglichkeiten nicht, kann er die Interessenvertretung nicht korrekt wahrnehmen. Entweder schießt er über das Ziel hinaus oder lässt vieles unberücksichtigt.“ Denn das Vis-à-vis in der Firma hat in der Regel eine fundierte arbeitsrechtliche Ausbildung. Das Arbeitsrecht ist eine Besonderheit, denn der Dienstgeber hat zwar grundsätzlich das Hausrecht, aber der Betriebsrat kann stark eingreifen, weil er das Überwachungsrecht wahrnehmen darf. Außerdem kann er bei Dritten intervenieren. Bachmeier ist überzeugt: „Das wird auf jeden Fall etwas Gutes, die Leute bei Lidl haben ein hohes Engagement und wir sind glücklich darüber.“

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