Recht: Hasspostings sind kein Kavaliersdelikt

Illustration: Peter M. Hoffmann
Illustration: Peter M. Hoffmann

Ganz abgesehen davon, dass Hasspostings in den sozialen Medien nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind, schaffen sie zunehmend auch arbeitsrechtlich große Probleme: Kündigung, Entlassung oder der Entzug der Firmenpension können die Konsequenz sein.

Judikatur

Wer erinnert sich nicht an die spektakulären Einzelfälle, die durch die Medien gegangen sind? Ein Lehrling wurde von Porsche Wels entlassen, weil er auf seinem privaten Facebook-Account das Foto eines kleinen, mit seiner Familie nach Österreich geflüchteten syrischen Mädchens, das sich über eine Wasserdusche freute, dahingehend kommentiert hatte, dass man besser einen Flammenwerfer auf das Kind hätte richten sollen.

Von einer Führungskraft, die sich auf Facebook einen Brandanschlag auf das Flüchtlingserstaufnahmelager Traiskirchen wünschte, trennte sich die Firma „Spar“ nach Kundenreaktionen durch einvernehmliche Auflösung, weil eine solche Aussage nicht der Unternehmenskultur entspreche.

Einem Pensionisten wurde wegen eines Hasspostings die Firmenpension gestrichen; er postete zu einem Video über MigrantInnen: „Ungarn hatte Recht. Dieses Pack gehört erschlagen.“ Zwar konnte er die Streichung der Firmenpension vor Gericht erfolgreich bekämpfen, aber nur, weil er bereits in Pension war. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien entschied dazu: Ein Verhalten, das bei aufrechtem Dienstverhältnis zur Entlassung führt, rechtfertigt noch nicht den Entzug der Firmenpension. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des monatlichen Einkommens; Entgelt für bereits geleistete Arbeit und/oder Betriebstreue. Auch wenn der menschenverachtende Facebook-Eintrag gegen die Interessen und das Ansehen des Arbeitgebers grob verstoßen hat, waren die betrieblichen Interessen nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das es für das Unternehmen unzumutbar gemacht hätte die Firmenpension weiterzuzahlen. Außerdem wurde berücksichtigt, dass der Pensionist auf die Firmenpension angewiesen und zudem gesundheitlich angeschlagen ist.

Ebenfalls mit einem blauen Auge davongekommen ist ein Betriebsratsmitglied, das immer wieder mit seinem Chef aneckte und im Oktober 2015, zwei Tage vor der Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl, auf der Facebook-Seite „Strache verhindern“ ein Posting, das u.a. ein Foto mit Hitlergruß zeigte, wie folgt kommentierte: „Ihr links-linken Dummschwätzer habt wohl mächtig Angst vor Sonntag!! Besser wäre es für euch Parasiten, ihr sucht euch eine Arbeit! Linkes Dreckspack!!!“ Da er auf seinem Facebook-Profil angegeben hatte, wo er arbeitet, erfuhr sein Arbeitgeber von dem Posting und entließ ihn. Das OLG Wien entschied schließlich, dass kein Grund zur gerichtlichen Zustimmung zur Entlassung bzw. Kündigung vorliege, weil der Straftatbestand der Verhetzung nicht erfüllt sei. Das Posting stelle keine schwerwiegende Treuepflichtverletzung dar.

Arbeitsrecht

Solche Postings werfen arbeitsrechtliche Fragen auf. Hasspostings, die während der Arbeitszeit und/oder mithilfe dienstlicher Kommunikationsgeräte verfasst werden, sind strenger zu beurteilen als private Postings. Es ist anzunehmen, dass die Toleranz der Gerichte hier gleich Null sein wird. „Hasspostings“ werden allerdings zumeist in der Freizeit und auf privaten Kommunikationsgeräten verfasst und ins Netz gestellt. Inwieweit kann privates Handeln überhaupt zu einer Entlassung führen? Wann liegt „Vertrauensunwürdigkeit“ vor? Vermutlich (nur) dann, wenn das private Handeln Rückschlüsse auf eine generelle Vertrauensunwürdigkeit des Dienstnehmers/ der Dienstnehmerin zulässt oder ein derart menschenverachtendes Posting vorliegt, dass dem/der Arbeitgeber/in die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann oder das Unternehmen durch die Äußerung (zumindest mittelbar) geschädigt wird. Hierbei kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalles an. Was, wo und wann wurde gepostet (Freizeit oder Arbeitszeit – privates oder dienstliches Kommunikationsgerät), kann das Unternehmen mit dem Posting in Zusammenhang gebracht werden?

Bei Angestellten in leitenden Funktionen bzw. bei Angestellten, die ein Unternehmen nach außen hin repräsentieren (z.B. Kundenbetreuung) wird ein wesentlich strengerer Maßstab anzulegen sein als z.B. bei Lehrlingen. Diese Angestellten haben nämlich Vorbildfunktion. Von ihnen kommende Hasspostings können leicht auf das Unternehmen zurückfallen und es schädigen.

Ebenfalls strenger zu beurteilen werden strafrechtlich relevante Postings sein.

Strafrecht

Je nachdem, wie ein Posting lautet, kann es auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dem Recht auf freie Meinungsäußerung sind nämlich Grenzen gesetzt. Hasspostings können unter viele Strafrechtstatbestände fallen; die Verhetzung ist nur einer davon. Das Strafmaß für Verhetzung kann bis zu 3 Jahre Haft betragen. Ist die Folge öffentlicher Hetze Gewalt, drohen bis zu fünf Jahre Haft. Auch Delikte wie „Ehrenbeleidigung“, „Verleumdung“, „Üble Nachrede“ oder „Kreditschädigung“ sind im Zusammenhang mit Hasspostings denkbar.

Was im Unternehmen gegen Hasspostings getan werden kann

Im Unternehmen sollten zwecks Bewusstseinsbildung präventive Maßnahmen (z.B. Vorträge, Schulungen) angeboten und gegebenenfalls Guidelines für die Beschäftigten erlassen werden. Kündigung oder Entlassung sollten immer nur das letzte Mittel sein. Gerade im Zusammenhang mit Lehrlingen könnten gelindere Mittel wie Abmahnung, gepaart mit verpflichtendem Sensibilitätstraining, sinnvoller sein als der Verlust der Lehrstelle. Schließlich kommt der Hass ja von irgendwo her. Die Ursachen aufzuarbeiten ist zielführender als zu „bestrafen“. Diesbezüglich könnten BetriebsrätInnen mit ihren ArbeitgeberInnen ein Procedere vereinbaren.

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