Maßgeschneiderte Hilfe

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Persönliche AssistentInnen unterstützen Menschen, die in ihrem Alltag Hilfe brauchen. Oft unter schlechten Arbeitsbedingungen: Viele sind geringfügig beschäftigt, zu unterschiedlichen Stundensätzen.

Andreas Pöschek ist seit seiner Querschnittslähmung 1997 auf den Rollstuhl angewiesen. Seit einem Jahr begleiten ihn drei persönliche AssistentInnen in seinem Alltag. Unter seiner Anleitung leisten ihm sie genau die Hilfe, die er im Moment braucht – und machen ihn damit unabhängiger.

„Die gesamte Lebensqualität hat sich zum Positiven verändert“, erzählt Pöschek. „Durch die Behinderung kann ich viele Tätigkeiten nicht selbst ausführen – diese führt mir die persönliche Assistenz so aus, als würde ich sie ‚selbst machen‘ – angefangen von körperlich schwer belastenden Handgriffen im Alltag oder auch das Erreichen von Orten, die ich wegen der Behinderung und den noch vorhandenen Barrieren nicht erreichen kann. Die Flexibilität hat sich erhöht und ich kann mein Leben wieder so planen, wie es vor der Behinderung war.“

Nicht angestellt

Österreichweit sind rund 1.000 Personen als persönliche AssistentInnen tätig, davon 700 in Oberösterreich und Wien. Das Gros der Beschäftigten ist weiblich, arbeitet Teilzeit – und ist nicht angestellt. Hier sieht Andrea Schober, in der GPA-djp für die Interessengemeinschaft work@flex zuständig, auch eines der derzeit größten Probleme. „Der Einwand, dass manche nur so wenige Stunden machen, dass es keinen Sinn macht, sie anzustellen, ist aus arbeitsrechtlicher Sicht kein Argument. Ich kann jemanden auch nur für wenige Stunden in der Woche anstellen.“

Regionale Unterschiede

Je nach Bundesland wird die Beschäftigung und Bezahlung von persönlichen AssistentInnen ganz unterschiedlich gehandhabt. Das reicht von der Stundenkontingentierung bis zu den Zugangsbedingungen zu persönlicher Assistenz. Andreas Pöschek nimmt derzeit in Wien zum Beispiel im Monat 270 Stunden in Anspruch. In Oberösterreich dürfen dagegen maximal 250 Stunden monatlich an Hilfeleistungen konsumiert werden, sagt Angelika Diwald.

Sie hat selbst mehrere Jahre in dem Beruf gearbeitet und ist heute Betriebsrätin in der oberösterreichischen Firma „Persönliche Assistenz GmbH“. Hier ist ein Teil der AssistentInnen angestellt, der überwiegende Teil arbeitet allerdings als freie DienstnehmerInnen, ein Drittel davon geringfügig. Der Bruttolohn pro Stunde beträgt dabei 15,55 Euro, in der Nacht und am Wochenende gibt es Zuschläge. In Wien schwanken die Stundensätze zwischen neun und 22 Euro, so Schober.

Einheitliche Regelung

Die Gewerkschafterin hält dies für nicht akzeptabel. Sie fordert einerseits eine bundesweite Regelung der persönlichen Assistenz – und andererseits eine Anstellung. Jene AssistentInnen, die in Oberösterreich angestellt sind, fallen beispielsweise unter den Kollektivvertrag der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS-KV). Zur Anwendung kommt dabei Verwendungsgruppe vier, das Einstiegsgehalt liegt für 38 Wochenstunden bei 1.550,60 Euro brutto monatlich.

Freie DienstnehmerInnen benachteiligt

„In diesem Beruf muss man auch viel heben, tragen, Menschen waschen. Sobald eine Frau schwanger wird, die hier als freie Dienstnehmerin tätig ist, müsste sie eigentlich aufhören zu arbeiten, um eine Gefährdung von Mutter und Kind zu vermeiden“, nennt Schober einen weiteren Grund, warum es hier zu Anstellungen kommen muss. Arbeitet eine Frau auf Stundenbasis und hört dann auf oder reduziert ihre Arbeitszeit, erhält sie nur ein sehr geringes Wochengeld, denn dieses wird auf Basis der Einkünfte der letzten drei Monate vor der Geburt berechnet. Zudem gelten wegen des fehlenden Mutterschutzgesetzes für Freie Dienstnehmerinnen auch keine Schutzbestimmungen wie Feiertags- und Nachtarbeitsverbot, Überstundenverbot oder der Anspruch auf ausreichende Pausen.

Ausbildung

Nächstes Problemfeld: persönliche AssistentInnen werden auf ihren Einsatz kaum bis gar nicht vorbereitet. „In Wien sind die Leute nicht geschult. Jeder Zivildiener muss zumindest einen Erste Hilfe-Kurs nachweisen können. Doch im Bereich der persönlichen Assistenz fehlen jegliche Bestimmungen zur beruflichen Qualifikation“, sagte Schober. Ja, hier handle es sich um einen Laienberuf, bestätigt Angelika Diwald. In Oberösterreich seien allerdings eine viertägige Schulung und später jährliche Fortbildung verpflichtend. Ob das ausreiche? Diwald meint ja.

Dennoch räumt sie ein, dass es on the job doch immer wieder zu schwierigen Situationen komme, die es zu meistern gelte. „Es ist zum Beispiel eine Herausforderung, sich abzugrenzen, die richtigen Worte zu finden. Man muss darauf achten, bei allem nötigen Einfühlungsvermögen immer die Distanz zu wahren.“ Das ist vor allem anfangs nicht immer leicht. Dem AssistenznehmerIn zu Liebe kann man auch leicht unter Druck geraten, geleistete Assistenzstunden nicht zu verrechnen. Diwald würde es daher auch befürworten, wenn alle AssistenznehmerInnen eine entsprechende Einschulung bekommen. Derzeit sei dies zwar ein Angebot, das aber von vielen nicht angenommen werde.

Wertvolle Dienstleistung

Was nun jedenfalls nicht passieren dürfe, sei die Interessen der AssistenznehmerInnen  gegen die Interessen der AssistentInnen auszuspielen, betont Schober. „Das kann nicht die Antwort auf das Problem sein.“ Die Gesellschaft müsse vielmehr sehen, dass hier eine Dienstleistung angeboten werde, die auch ihren Wert hat. Auf EU-Ebene wurde inzwischen für jene, die eine solche benötigen, das Recht auf persönliche Assistenz festgeschrieben. Demnach ist auch mit einer steigenden Nachfrage nach dieser Dienstleistung zu rechnen.

Andreas Pöschek kann das Modell anderen nur wärmstens empfehlen. Zuvor habe er sich oft als Bittsteller gefühlt, sei auf den Zeitplan von Verwandten, Familienmitgliedern, Bekannten oder Organisationen angewiesen gewesen. Jetzt bestimmt er den Zeitplan, legt fest, wann er Hilfe braucht, die dann nach entsprechender Terminkoordination von den AssistentInnen geleistet wird. „So kann ich hier die gewonnene Zeit für das Studium oder die Arbeit nutzen, damit einerseits mein Geld selbst verdienen und andererseits einen Beitrag für die Gesellschaft leisten.“

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