Repariert Maschinen und Menschen

Reparatur- und Servicezentrum R.U.S.Z. (c) N. Wagner-Strauss

Reparieren macht Sinn – nicht bloß für Umwelt und Börse, sondern auch für den Arbeitsmarkt. Das Reparatur und Service Zentrum R.U.S.Z. beweist, wie nachhaltig das Leben sein kann.  

Riesenhafte Ersatzteillager finden sich in den Kellern des Reparatur und Service Zentrums, kurz R.U.S.Z., in Wien Penzing. Von Waschmaschinenmotoren und -trommeln bis zu Bild- und Radioröhren, einem eigenen Lager für Geschirrspülkörbe und jede Menge Elektronik-Ersatzteile, die als veraltet gelten. Für viele lassen diese Teile das Herz höher schlagen: Radios aus den 50er-Jahren übertragen wieder störungsfrei, die gute alte Eudora wäscht besser denn je und manch tot geglaubter Videorecorder spielt einwandfrei ab.

Reparieren statt Mistplatz, nutzen statt Müll produzieren, Nachhaltig leben statt die Wegwerfgesellschaft unterstützen – und vor allem Ressourcen schonen. R.U.S.Z.- Projektleiter Sepp Eisenriegler: „Als wir 1998 starteten, war eine Waschmaschine durchschnittlich 12 Jahre in Gebrauch, heute sind es sechseinhalb.“ Das R.U.S.Z. gilt als Zentrum des Waschmaschinen-Tunings. Was nach auffrisierten Boliden klingt, bedeutet für eine Waschmaschine ein verlängertes Leben mit Sparpotenzial. Effektivere Waschmittel sorgen für weniger Wasser- und Stromverbrauch, das R.U.S.Z. verändert die Einstellungen alter Geräte: statt 120 Liter reichen beim heutigen Waschgang 60 bis 70 Liter. Eine Prüf- und Justierstation – aus einer griechischen Campingwaschmaschine selbst gefertigt – hilft dabei.

R.U.S.Z. kommt auch zum Kunden: Ein Vorort-Service für Haushaltsgroßgeräte, sei es E-Herd, Waschmaschine oder Trockner, setzt das Gerät ab Anruf üblicherweise innerhalb von drei Tagen an Ort und Stelle wieder in Stand. Meist sind es ältere ArbeitnehmerInnen, die im R.U.S.Z. eine Beschäftigung finden. Derzeit arbeiten 20 Personen in der Reparatur, zwei weitere werden bald aufgenommen.

Der Waschmaschinenmechaniker

Vor 36 Jahren kam Mahmut Hassan, heute 64 Jahre alt, aus dem kurdischen Teil des Irak nach Österreich. Nun ist er bereits das zweite Jahr bei R.U.S.Z. und sorgt für Waschmaschinen-Tuning und Reparatur: „Ich habe mit vielen verschiedenen Marken zu tun und muss immer wieder nach neuen Lösungen suchen – das macht meinen Job sehr abwechslungsreich.“ In den 1970er Jahren baute er in Österreich die Vorläufer der Personalcomputer zusammen. „Damals habe ich noch mit dem legendären Intel 8080 Prozessor zu tun gehabt“, erzählt der Elektroniker, der über Jahrzehnte in der gleichen Firma arbeitete – doch der Tod seines Chefs beendete auch die Firmengeschichte. Sein Schicksal: langzeitarbeitslos. Vor einigen Jahren war Mahmut Hassan schon einmal bei R.U.S.Z. und wurde nach ein paar Monaten erfolgreich weiter vermittelt. Doch die Jobs der neuen Arbeitswelt waren zumeist nicht von langer Dauer. Der 64-Jährige ist froh, hier im Reparatur Zentrum nicht zum Alteisen zu gehören.

Der Radiomechaniker

Der Radiomechaniker Horst Skribek hat noch im alten Philips-Werk in Wien Favoriten gelernt und arbeitete danach 15 Jahre im Unternehmen. „Ich habe noch die komplette Video 2000 Entwicklung mitgemacht. Das war ein Videosystem, wo die Kassetten beidseitig nutzbar waren.“ Seit Mitte der 1990er Jahre ist das System Geschichte, doch Enthusiasten verwenden die Videogeräte heute noch. Geht etwas kaputt, hilft Herr Skribek. Doch vor allem ist der Radiomechaniker freilich auf Radioapparate spezialisiert, repariert ganz besondere Schmankerl. Etwa eine Phonothek aus dem Jahre 1958: „Die hat damals 8.000 Schilling gekostet! Und konnte mit einem Plattenwechsler insgesamt acht Schallplatten hintereinander abspielen.“ Geräte wie die Phonothek oder Röhrenradios kommen mit allen Retrowellen zum Glück nie aus der Mode und solid sind sie obendrein. „Ich bin Baujahr 1956, ich habe die Technik von damals noch gelernt“, erklärt Skribek und weiß auch mit älteren Semestern umzugehen. Seit 13 Jahren ist der Radiomechaniker nun bei R.U.S.Z.: „Als Spezialist ist es sonst nicht leicht, einen Job zu finden. Ich bin froh, dass ich eine Chance bekommen habe.“

Profit nicht an erster Stelle

Seit 14 Jahren ist R.U.S.Z. eine Nachhaltigkeits-Institution mit Vorbildwirkung. Eisenriegler, 59, ausgebildeter AHS-Lehrer für Englisch und Geographie, führte den sozioökonomischen Betrieb mit einer Vermittlungsquote von 71 Prozent bis Ende 2007, dann wurde privatisiert: „Für das AMS üben wir zu hochschwellige Tätigkeiten aus, sozioökonomische Betriebe sollen niederschwellig gehalten werden. Andere sperrten zu, wir haben privatisiert.“

Ursprünglich wurde das Reparatur Zentrum als Mitinitiator und Entwickler der Ö3 Wundertüte bekannt. Dabei wurden alte Handys gesammelt und entweder repariert oder deren Altmetalle verwertet. Nun hat die Caritas entschieden, den Weg allein fortzusetzen. Für das R.U.S.Z. eine Enttäuschung, denn: „Die Finanzsituation macht es schwer, Rücklagen zu erwirtschaften. Besonders wenn Sonderzahlungen anstehen, können wir nicht ruhig schlafen“, berichtet Sepp Eisenriegler. Ideen, die Abhilfe schaffen können, hat der Projektleiter schon: „Wir könnten Generalreparateure für größere Unternehmen sein. Firmen sind auch herzlich eingeladen, eine Patenschaft für einen Reparaturarbeitsplatz zu übernehmen.“

Der Betrieb „repariert Maschinen und Menschen“, weiß Sepp Eisenriegler. Das Schicksal Langzeitarbeitslosigkeit durch strukturelle Einsparungen in Firmen kennt er von vielen MitarbeiterInnen zur Genüge. Eisenrieglers Hoffnung: „Der dritte Sektor sollte die Sozialwirtschaft sein. Unternehmen, die den Profit nicht an die erste Stelle setzen und eine soziale Komponente leben.“ Das Reparatur und Service Zentrum hat übrigens auch Zuwachs bekommen: das ReparaturNetzWerk (www.reparaturnetzwerk.at) und die TrashDesignManufaktur (www.trashdesign.at) gehören mit zur Familie.

Info

Das Reparatur und Service Zentrum R.U.S.Z., Verein zur Förderung von Sozialwirtschaft, in Wien 14, Lützowgasse 12-14, repariert und verkauft gebrauchte Elektro- und Haushaltsgeräte.

Mehr dazu auf www.rusz.at , Servicetelefon: (01) 982 16 47 – 15

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