Kommentar: Ein Gebot der Vernunft

Höhere Vermögenssteuern sind nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der wirtschaftlichen Vernunft.

Fordert man heute eine höhere Besteuerung von Vermögen in Österreich, so kommen postwendend die  Gegenargumente der Gegner einer solchen Steuer. Man belaste damit den Mittelstand und die Leistungsträger, die einkommensschwachen Schichten  hätten nichts davon, wenn die Reichen etwas ärmer würden.

Beide Argumente entbehren jeder Grundlage. Wenn ich die Freigrenze für eine Besteuerung bei 700.00.- Euro ansetze, wie dies das ÖGB-Modell vorsieht, dann frag ich mich, welcher Mittelstand damit wohl gemeint ist. Ich war in letzter Zeit viel in Betrieben unterwegs und die GPA-djp vertritt ja auch gut verdienende ArbeitnehmerInnen. Ich habe niemanden angetroffen, dem eine solche Steuer belasten würde. Als belastend werden ganz andere Dinge empfunden, etwa dass unterm Strich von den Gehaltserhöhungen nach Steuern und Abgaben zu wenig übrig bleibt.  Es ist auch falsch und irreführend zu behaupten, von einer Reichensteuer, und genau das soll die Vermögenssteuer sein, würde niemand profitieren. Zum Glück beruht unser progressives Steuersystem darauf, dass Bezieher hoher Einkommen mehr zur Finanzierung des Staatshaushaltes beitragen als schlechter verdienende.   Es ist merkwürdig, dass ein Prinzip, dass im Bereich der Lohnsteuer selbstverständlich angesheen, bei den Vermögen außer Kraft gesetzt sein soll. Mit den Einnahmen aus der Vermögenssteuer könnten wichtige Zukunftsprojekte finanziert und Arbeit entlastet werden. Womit wir auch schon beim wirtschaftlichen Argument sind.

Ganz große Vermögen haben wenig produktive Wirkung für eine Volkswirtschaft und  spekulative Veranlagungen vergrößern die Gefahr von Unsicherheiten und Zusammenbrüchen. Es ist ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft, finanzielle Ressourcen, die in Überfluss vorhanden sind, in Investitionen, in Konsum und Nachfrage zu lenken. Das ist eine der großen Herausforderungen, vor denen nicht nur die Politik in Österreich sondern im gesamten Europa steht.

Derzeit herrscht in der europäischen Politik noch eine Form der Krisenbekämpfung vor, die da heißt, den betroffenen Krisenländern drakonische Sparmaßnahmen und Strukturreformen zu verordnen. Aber mit jeder neuen Horrormeldung über gestiegene Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Einbrüche werden die Stimmen lauter , die auf einen Kurswechsel weg von der Austeritätspolitik, die auf Reduktion der Staatschulden primär durch Sparen setzt,  drängen. Erfolgt dieser Kurswechsel nicht, dann droht das europäische Projekt zu scheitern, mit allen unerfreulichen politischen und ökonomischen Nebenwirkungen. Wenn der Ausweg aus der Krise gelingen soll, dann müssen die Reichen und die Eliten bereit sein, ihren Beitrag zu leisten.

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