Kommentar: Industrie hat Zukunft

Wir benötigen Zukunftsinvestitionen in Forschung und Bildung, damit der Standort Österreich attraktiv bleibt.

Wir erleben derzeit in Europa eine Renaissance einer industriepolitischen Diskussion. Tatsächlich hängen Wohlstand und Stabilität davon ab, ob es Europa gelingt, die industrielle Grundsubstanz zu erhalten. Mit dem Begriff „Industrie 4.0“ wird zudem seit geraumer Zeit eine neue qualitative Stufe in der industriellen Produktion ins Spiel gebracht. Wie bei allen Revolutionen im Produktionsprozess ist die Gestaltung der Rahmenbedingungen dieses Wandels essenziell, damit dieser im Sinne der Menschen auch gelingt. Dass Österreich ein Industrieland ist, ist vielen nicht bewusst, und auch nicht die Bedeutung, die die industrielle Wertschöpfung für alle Bereiche der Gesellschaft hat. Noch stehen wir im internationalen Vergleich relativ gut da. Unser Land zeichnet sich durch ein hohes Niveau an Forschung und Entwicklung und durch gut ausgebildete und kreative Beschäftigte aus. Aber es müssen jetzt die Bedingungen geschaffen werden, um das Niveau auch in Zukunft zu sichern. Wir brauchen vor allem eine positive Diskussion, die nicht von Begriffen wie „Absandeln“ und Zusammenbruchsszenarien geprägt ist, sondern dort ansetzt, wo unsere Stärken liegen. Wir brauchen zum Beispiel jetzt und rasch Reformen im Bildungssystem, und wir brauchen jetzt die Sicherstellung einer modernen Infrastruktur für die Industrie der Zukunft (Stichwort Breitbandausbau). Ich bin sehr froh, dass Arbeiterkammer und ÖGB gemeinsam im November den Startschuss für eine solche positive Diskussion gegeben haben. Jetzt geht es darum, auch bei den Verantwortlichen in der Bundesregierung, nicht nur die Diskussion, sondern auch Maßnahmen einzufordern.

Eines ist klar: Mit der platten Ideologie „Mehr Privat, weniger Staat“ werden wir die Zukunft nicht gewinnen. Auch die Fortsetzung des einseitigen Spardiktats für öffentliche Haushalte verhindert Zukunftsinvestitionen, die wir gerade jetzt so dringend benötigen. Industriepolitik muss das Ziel haben, die industrielle Substanz zu erhalten und durch Innovation weiterzuentwickeln. Leider sind Anfang des Jahrhunderts in dieser Hinsicht politisch falsche Weichenstellungen vorgenommen worden. Der ÖIAG wurde praktisch ausschließlich die Funktion einer Privatisierungsagentur zugewiesen. Durch den Verkauf  wichtiger Unternehmen wanderten Entscheidungszentren aus Österreich ab, Produktion und Arbeitsplätze gingen verloren. Wichtige Infrastrukturinvestitionen wie z. B. im Energiebereich wurden nur zurückhaltend getätigt. Alle Akteure sind auch gut beraten, die ArbeitnehmerInnen mit ihrer Kompetenz und Innovationskraft in den Gestaltungsprozess einzubeziehen, und zwar durch eine tatsächliche Einbindung in strategische Entscheidungen. Die Industrie ist zu wichtig, um sie nur jenen zu überlassen, die primär ihre eigene Geldvermehrung im Auge haben.

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