Familienbonus: Nicht jedes Kind ist gleich viel wert

Foto: Nurith Wagner-Strauss
Foto: Nurith Wagner-Strauss

Mit 1.1.2019 tritt der Familienbonus in Kraft. Die Regierung verkauft ihn als große Entlastungsmaßnahme für Familien. Einkommensschwache Familien werden jedoch benachteiligt, denn im Unterschied zur Familienbeihilfe gilt: Nicht jedes Kind ist gleich viel wert!

Was ist der Familienbonus?
Es handelt sich um einen Absetzbetrag von bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr – d.h. die Steuerschuld verringert sich um diese Summe. Er steht für Kinder bis 18 Jahre zu, sofern ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und das Kind in Österreich lebt. Für volljährige Kinder vermindert sich der Familienbonus auf 500 Euro pro Kind und Jahr. Im Gegenzug zur Einführung des Familienbonus entfallen zwei bisherige steuerliche Absetzungsmöglichkeiten, nämlich der Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten. Für geringverdienende AlleinerzieherInnen oder AlleinverdienerInnen wird ein sogenannter „Kindermehrbetrag“ eingeführt, der für diese Gruppe eine Mindestentlastung in der Höhe von 250 Euro pro Kind und Jahr gewährleisten soll.

Kritik
Da der Familienbonus nicht negativsteuerfähig ist, muss man genügend verdienen bzw. Lohnsteuer zahlen, um eine Entlastung erfahren zu können. Das hat zur Folge, dass einkommensschwache Familien leer ausgehen oder benachteiligt werden. Laut einer Schätzung werden rund 10 Prozent der Haushalte – dies betrifft rund 150.000 Kinder – vom Familienbonus nichts haben. Weitere 26 Prozent der Haushalte – dies betrifft rund 550.000 Kinder – werden den Bonus nicht zur Gänze ausschöpfen können.
Im Unterschied zur Familienbeihilfe, die dem Grundsatz „jedes Kind ist gleich viel (an Förderung) wert“ folgt, gilt beim Familienbonus: Ein Kind ist umso mehr wert, je mehr die Eltern verdienen. Im Extremfall macht der Unterschied pro Kind 27.000 Euro (1.500 Euro mal 18) aus!  Das ist aus sozialpolitischer Sicht inakzeptabel, denn familienpolitische Leistungen sollen die Startchancen der Kinder verbessern und den Mehraufwand kompensieren, den Eltern durch die Kinder haben. Der Familienbonus belohnt hingegen die Erwerbstätigkeit der Eltern. Kinder aus Familien, deren Eltern arbeitslos sind oder nur wenig verdienen, werden dadurch gar nicht gefördert, während Kinder von GutverdienerInnen voll profitieren. Damit wird Chancengleichheit erschwert, im Zentrum der Förderungswürdigkeit steht nicht der Bedarf der Kinder, sondern das Erwerbseinkommen der Eltern.
Österreich hat im Bereich der Familienförderung im internationalen Vergleich bereits einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Geldleistungen. Der Familienbonus verstärkt diese Entwicklung noch einmal. Weit sinnvoller wäre es statt Geldleistungen die Sachleistungen auszubauen. So hat die AK berechnet, dass man mit dem Budget des Familienbonus (1,5 Mrd. Euro pro Jahr) 37.000 neue Plätze für die Frühförderung (d.h. Betreuungsplätze für unter 3-jährige), flächendeckend ganztägig und ganzjährig geöffnete Kindergärten, das zweite Gratis-Kindergartenjahr für alle sowie zusätzliches Personal in den Kindergärten finanzieren könnte. Das wären Maßnahmen, die zu einer echten Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie zur Chancengleichheit für Kinder beitragen würden!

Konkrete Beispiele

Berechnungen: GPA-djp Grundlagenabteilung
Berechnungen: GPA-djp Grundlagenabteilung

Die Grafik zeigt, dass GeringverdienerInnen den Bonus nur zum Teil nutzen können, weil deren Steuerschuld zu niedrig ist: Das erste Beispiel basiert auf dem Median-Einkommen 2016 von Männern und Frauen zwischen 20 und 29 Jahren, das zweite auf dem Median Einkommen 2016 einer Angestellten zwischen 30 und 39 Jahren. In beiden Fällen sieht man, dass die vollen EUR 1.500 aufgrund des niedrigen Einkommens nicht ausgeschöpft werden können, bei mehreren Kindern kommt es zudem zu einem starken Absinken des Ausschöpfungsgrades. Familien mit sehr niedrigem Einkommen steigen sogar leer aus, wie das letzte Beispiel zeigt. Das dritte Beispiel verdeutlicht hingegen, dass einkommensstarke Familien vom Familienbonus in vollem Ausmaß profitieren. So kann der gutverdienende Alleinverdiener (Beispiel basiert auf dem 3. Quartil 2016 von männlichen Angestellten zwischen 30 und 39 Jahren, d.h. nur 25% der männlichen Angestellten dieser Altersgruppe verdienen mehr) den Bonus für alle 3 Kinder in voller Höhe ausschöpfen, und würde somit eine jährliche Entlastung im Ausmaß von EUR 4.500 bekommen.
Die Beispiele zeigen, dass der Familienbonus zu einer Erhöhung der Ungleichheit zwischen gut und gering verdienenden Familien führt. Einkommensschwache Familien mit mehreren Kindern profitieren am wenigsten, während Eltern mit hohen Einkommen und vielen Kindern zu den Gewinnern zählen.

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